Minartan

Minartan die Macht der Träume

„Ich werde euch eine Geschichte über ein Volk erzählen, das seinen Weg suchte. Über einen Baum, der mehr war, als ein Stück Holz und über die Macht der Einigkeit.

Wer ich bin? Ich bin Rasul. Ich gehöre seit gut zweitausend Jahren nicht mehr zur Welt der Lebenden, aber auch nicht zur Welt der Toten…

Ich versuche, die Geschichte von Anfang an zu erzählen:

Es gab eine Zeit, in der die Götter auf der Erde mit allen Geschöpfen zusammen lebten. Sie veränderten die Natur wie es Ihnen gerade beliebte. So kam es, dass einer dieser Götter eines Tages ein Lebewesen auf die Welt ließ, das wundervoll war. Lange Äste, ein schöner dicker Stamm, viele Früchte und die Gaben der Magie zeichneten dieses Wesen aus. Sein Namen spielt in dieser Geschichte keine besondere Rolle. Man weiß nur so viel, dass dieser Gott in der Schlacht der Götter starb. Ja, meine Freunde, auch Götter können sterben. So kam es, dass der Baum auf einer großen Insel nahezu in Vergessenheit geriet.

Doch dieser Baum war etwas Besonderes, er hatte die Fähigkeit seine Umgebung zu verändern. Der Baum konnte Träumen Gestalt geben. So blühte die Insel auf und alle Geschöpfe auf Ihr, lebten in Harmonie.

Irgendwann kam der Mensch. Der Baum wusste, dass diese Geschöpfe auch ihre Umgebung verändern konnten. Dennoch ließ er die Menschen in Ruhe.

Damals gehörte ich ebenfalls zu diesem Volk, das auf der Insel Fuß fassen wollte. Ich floh damals mit meinem Volk vor einem Tyrannen namens Zylan. Er hatte viele unseres Volkes ermordet. Ich und einige Hundert, die ich retten konnte, flohen von Sedonien, unserer Heimat. Obwohl ich in der Magie, einer der wenigen war, der die arkanen Kräfte bis zu Perfektion beherrschte, konnte ich diesen erbärmlichen Herrscher nicht besiegen. Wir flohen mit drei Seglern über das Meer Richtung Nordwesten, und hofften, dass Zylan uns nie finden würde. Wir reisten nach Nordwesten an vielen Küsten und Meeren vorbei. Es schien, als ob die Flucht für uns kein Ende nehmen würde. Es starben über die Hälfte der Leute an Krankheiten, die ich euch lieber nicht aufzählen möchte. Doch folgten wir irgendwie einem Ruf, immer weiter nach Nordwesten zu fahren.

Als wir fast ein Jahr auf dem Meer waren, fanden wir die Insel Andora. Sie war so schön, so natürlich…aber was hatte uns wirklich hier auf die Insel gebracht? Wir fanden ein Eden vor, ein Paradies, in dem wir mit scheuen Tierwesen zusammenlebten und es uns weder an Wasser oder Nahrung mangelte.

Aber das stellte mich nicht zufrieden. Ich wollte wissen, was das Geheimnis von dieser Insel ist. Ich fand Ihn, den Baum, Minartan. Nach Monaten fand ich den, der uns gerufen hatte. Aber was genau wollte der Baum von mir und meinem Volk? Ich versuchte Kontakt zu ihm aufzunehmen, um das Geheimnis zu enträtseln. Ich törichter Narr dachte wirklich, dass ich etwas so uraltes verstehen könne. Der Baum war nur Neugierig auf unsere Rasse, weil diese sich so schnell verbreitete. Es wollte wissen ob wir eine Gefahr für ihn darstellen…oder aber für uns.

Na ja ich fand heraus, dass der Baum seine Umgebung veränderte und dass kein Wesen in seiner Nähe ein Leid zu fürchten hatte. Doch ich wollte diese Kräfte beherrschen und zwar bald, denn ich wollte mein Volk zurück in Ihr Land führen, frei und ungebunden. Ohne die Tyrannei und die Furcht, die es von dort vertrieben hatte. Doch was ist ein Traum den man nicht beherrscht? Ein törichter Traum, der Traum eines Narren, der nicht wusste, was er tat. Denn, meine Freunde, das was ich tat, war entscheidend für mich, mein Volk und für die zukünftigen Generationen.

Ich, der Weiseste der Weisen. Ich, der meinte, dass er über alles Magische erhaben ist, habe das, was vollkommen war, zerstört. Ich, Rasul, begann den Frevel, vom Baum des Lebens mit zerstörerischer Magie einen riesigen Ast abzuschlagen. Ja, ich wusste nicht, was mich und mein Volk deswegen erwarten würde: ich setzte sie einem unbeschreiblichen Fluch aus, der jedoch auf der anderen Seite mindestens so verwunderlich war wie schrecklich.

Ich entfesselte den ersten Sturm auf der Insel und sah wie der Baum sich veränderte. Sein Zorn schlug über mich, er drang in meinen Verstand ein und zeigte mir mehr, als es ein menschlicher Geist erfassen könnte. Jede einzelne Phase meines Körpers schrie nach Erlösung, als ich die Äonen des Lebens Minartans noch mal durchlebte. Ich sah wie der Gott, der ihn erschuf, zu Fall gebracht wurde, wie der Baum seine Umgebung veränderte und wie er all die Jahre, Jahrhunderte auf dieser Insel die schaffende Kraft darstellte. Ich war dem Wahnsinn näher als alles Andere, als meine kleine Tochter, meine kleine Andora vor mir auftauchte. Sie beschwor mich, wieder zu Verstand zu kommen und fragte was mir fehle. Ich stotterte in meinem Zustand etwas über meine schändliche Tat, und dass sie mein Volk vor der möglichen Rache des Baumes warnen solle, während ich hier weiter versuchen würde, dieses Geschöpf zu besänftigen. Meine kleine Andora ging nicht und im Angesicht der kommenden verfluchten, von Rache getränkten Jahren, die mir mein Wahnsinn zeigte, nahm ich mein Dolch und rammte ihn mir in die Brust. Ich wollte nicht mehr mit meinem Gewissen leben, mein Volk aufgrund meiner Machtbesessenheit zerstört zu haben. Andora stand da, sah mich an und weinte. Sie lief ins Dorf, um Hilfe zu holen. In meinen letzten Zügen wanderte mein Blick auf die rasend schnell verwelkenden Äste und Früchte. Alle bis auf Eine verfaulten, getrieben durch den Zorn des alten, mächtigen Baumes.

Meine letzten Kräfte sammelnd schleppte ich mich zu dem Stamm des Baumes und gab ihm von meinem Lebenssaft, in der Hoffnung, wenigstens noch einen kleinen Teil zu retten, was zerstört worden war. Beinahe zeitgleich verspürte ich deinen Sog durch meine Adern gehen, der nicht nur mein Blut sondern auch meinen Körper umfasste. Der Baum nahm mich in sich auf! Die Helfer, die vom Dorf kamen fanden nur noch den Baum vor. Doch sprach er irgendwie mit meiner Stimme mein Volk an. Er sprach von der Zerstörung, die ich verursacht hatte und erklärte, dass ich mich für sie opferte, um Schlimmeres zu vermeiden. Doch der Frevel verlangte nach dem Fluch, der von nun an über meinem Volk liegen würde. Die einstigen Sedonier sollten sich von nun an dazu bestimmt fühlen, den Baum mit ihrer ganzen Kraft zu verteidigen. Der Fluch sollte sie jedoch ihr Leben lang begleiten, was auch immer er darstellte. Dafür würde diese Insel eine Herberge für sie darstellen. Ein Land für ein verlorenes Volk. Doch sie hatten Angst vor dem was noch kommen würde.

Eines Tages hatte sich ein kleines Mädchen beim Spielen an den Klippen so schwer verletzt, dass man ihr keine Chance mehr einräumte. Die Heiler waren davon überzeugt, dass sie sterben müsse. Da nahmen der Baum und ich zu meiner Tochter Kontakt auf und wiesen sie an, zu dem Mädchen hin zu gehen und ihr von ihrem Blut zu trinken zu geben. Die Heiler meines Volkes waren erst empört, doch als meine Tochter tat, wie ihr geheissen und das Mädchen auf eine Weise heilte, wie es nur ein Zauber schafft, wurde ihnen bewusst, was die Tragweite des Fluches mit sich brachte. Meine Tochter hatte jedoch den Schmerz des kleinen Mädchens ebenso empfunden.

Blut aus den eigenen Reihen zum Heilen für das Volk, Schmerz zu Teilen mit dem Volk. Das war ab dem Zeitpunkt der Grundsatz für Jedermann. Der wahre Fluch vom Heiligen Baum. In meiner Sprache Min Artan (Min =heilig, Artan Baum).

So wurde aus einem Traum eine Idee und aus einer Idee ein Alptraum.

Doch hatte keiner meines Volkes je gedacht, dass sie wieder einmal in der Knechtschaft leben oder gar die Freiheit verlieren würden, die sie liebten und schätzten…